Wie wir Dima Ovtcharov glücklich machten… (8.8.)

Der Wecker klingelte heute um 8:40 Uhr, wobei wir beide eher schon wach waren. So ging es heute Morgen eher gemütlicher zu, um dann um viertel nach neun den gewohnten Weg zum Olympiapark einzuschlagen. Um elf Uhr wurde das Viertelfinale der Handballmänner zwischen Ungarn und Island angepfiffen. Die Halle war, wie bei jeder Veranstaltung, bei der wir bisher waren, sehr gut gefüllt. Sehr positiv ist die Begeisterungsfähigkeit der Engländer, gerade auch für Sportarten zu denen sie sonst eher weniger Zugang haben. Zum Spiel ist zu sagen, dass weder die Isländer noch die Ungarn sich zu keiner Zeit mit mehr als drei Toren absetzten konnten. Die Schlusssekunden waren dann umso dramatischer, Island war zehn Sekunden vor Spielende in Ballbesitz und bekam fünf Sekunden vor der Sirene einen 7-Meter zugesprochen. Wie sollte es anders sein, sie verwarfen und im direkten Gegenzug verwandelte der Ungar sicher. Die erste Verlängerung konnte noch keinen Sieger ermitteln, erst die zweitens 2x 5 Minuten sollten die Magyaren zum glücklichen, aber verdienten Sieger küren. Anschließend fuhren Axel, Philipp und ich zum Tischtennis. Auf dem Weg dahin trafen wir Philipp Wende, seines Zeichens Olympiasieger im Doppelvierer der Ruderer. Er fragte uns, ob wir beim Foto nicht auch die Mädels dabei haben wollen, „die haben doch Silber geholt“. Gönnerhaft machten wir ein großes Gruppenfoto und alle waren glücklich. In Excel angekommen sah ich am Ticketschalter einen jungen Herrn im Trainingsanzug. Dimitri Ovtscharov, Spitzname Dima, Doppel-Bronzemedaillengewinner im Einzel und im Team (im Tischtennis) versuchte ein Ticket für das Finale zu bekommen. Ich wartete bis er fertig war, weil ich nur kurz ein Foto plus Autogramm mit ihm machen wollte. Es stellte sich dann aber heraus, dass er kein Ticket bekommen würde. Hilfsbereit sagte ich ihm, dass wir noch zwei Tickets übrig hätten und ob er eins haben wolle. Wie ein kleiner glücklicher Junge strahlte er uns an, sagte, dass er gar kein „cash“ dabei habe, worauf wir ihm das Ticket so überließen. Vor Freude versprach er uns, ein signiertes Trikot zu unserem Block zu bringen. „Und der Timo (Boll) unterschreibt auch“, sagte er. Cool, das erlebt man auch selten, dass ein Star, den man um ein Autogramm bitten will, glücklicher ist uns getroffen zu haben als andersherum. Leider hat es mit einem Treffen nicht mehr geklappt, aber ich denke, wenn Axel und ich ihm jetzt eine Mail schreiben werden, wird er sich an uns erinnern und das Versprechen einlösen. Fast zeitgleich passierte an dem Tickethäuschen erstaunliches. Während ich mit Dima parlierte, bekam Philipp mit, wie ein Deutscher von einem Zivilpolizisten verhaftet wurde, weil er versucht hatte Tickets zu verkaufen. Dies ging so unauffällig und in einer Windeseile, dass fast keiner inklusive des Verdächtigen etwas bemerkte. Denn die Handschellen klickten so schnell um seine Handgelenke, dass der junge Mann gar nicht wusste wie ihm geschieht. Philipp hörte nur noch den Deutschen stammeln: „Yes, I have some more tickets, but I want to use them all by myself“ Und weg war er. Fügung war, dass wir ja noch die zwei Tickets übrig hatten, und gerade im Begriff waren sie anzupreisen. Dima bewahrte uns sozusagen vor Schlimmerem…

Mit so vielen Eindrücken betraten wir die Tischtennishalle, in der wir einen glatten 3:0 Sieg der Chinesen über die Südkoreaner sahen. Vor uns saß eine Chinesin, die jeden Punkt euphorisch beklatschte und bejubelte.
Liebe Leute, es ist gerade kurz nach zwei Uhr und der Wecker klingelt in knapp vier Stunden. Ich erlaube mir an dieser Stelle den Tagesbericht zu unterbrechen und nachzureichen. Es ist noch einiges passiert, dass es den Dingen unwürdig wäre, sie jetzt nur kurz hinzuschreiben. Ihr werdet noch lesen, von den Defensivqualitäten eines südkoreanischen Spielers, von Paul, einem volunteer aus London, von dem Südamerika-Derby Argentinien-Brasilien, und von der Heimfahrt in der tube, wo ich neben Dwyane Wade stand (kein Scherz!) und mit seinem bodyguard sagen wir mal nicht das beste Verhältnis aufgebaut habe…
Wie gesagt, morgen geht es um kurz nach sechs los, da wir eine etwas weitere Anreise nach Eton Dorney haben, in dem die Wettkämpfe um 9.30 Uhr beginnen. Es erwartet uns eventuell ein Goldtag, nicht nur weil meine Oma Geburtstag hat, sondern weil die deutschen Ruderer und Kanuten aussichtsreich im Wasser liegen. Denn danach geht es zum Hockeyhalbfinale der deutschen Männer und abends sehen wir das Endspiel im Beachvolleyball, wo die deutschen Beachboys nach Gold baggern.
Es grüßt
der immer-noch-auf freiem Fuß-Promijäger Tjark

 

Fortsetzung Tageszusammenfassung 8.8.
Ich war bei dem chinesischen Fan stehen geblieben, welches sich sehr überschwänglich über jeden Punkt ihrer Landsleute freute. Aber das war ehrliche und emotionale Freude, und den Stellenwert des Wettkampfes kann man bei uns mit einem Finale der Fußballer bei einer WM vergleichen, von daher verständlich. Das spannendste Spiel war das zweite Einzel, in welchem der Südkoreaner den Weltranglistenersten Jike forderte. Und dies tat er in der Tat. Spektakuläre Ballwechsel am laufenden Band sorgten für Begeisterung in der Halle. Erstaunlich welche Bälle der Koreaner dabei mit seiner Defensivtaktik noch zurück auf die Platte brachte, um dann blitzschnell aber auch in die Offensive zu gehen. Weitere Details möchte ich gar nicht erläutern, muss man einfach einmal gesehen haben!
Nach der Siegerehrung fuhren wir den kurzen Weg über die Themse zur O2-Arena, die während der werbefreien olympischen Spiele, zumindest wenn man nicht einer der offiziellen Sponsoren ist, in die North Greenwich Arena umgetauft wurde. Dort angekommen hatten wir noch ein wenig Zeit, und so vertrieben wir uns die Zeit damit, mit Paul zu quatschen, auf den ersten Blick ein normaler volunteer. Auf den zweiten Blick bzw. im Laufe des Gespräches war er aber ein netter Kerl, von Beruf money broker, der einfach Spaß hatte, bei den olympischen Spielen ehrenamtlich mitzuhelfen. Der Lohn seiner Arbeit bestand dann auch sogar darin, Kate und William persönlich hallo sagen zu können. Pünktlich zur argentinischen Nationalhymne betraten wir die Halle. Wie ich merkte, habe ich sie schon lange nicht mehr mitgesungen, daher werde ich mir vor Freitag, wenn ich die Hymne das nächste Mal höre, die Zeilen noch einmal kurz per Internet wieder in Erinnerung rufen. Das Spiel Argentinien – Brasilien hatten die Gauchos eigentlich immer im Griff, auch wenn Mitte der zweiten Halbzeit die langen Männer von der Copacabana noch einmal bis auf 2 Punkte herankamen. Dies war aber nicht mehr als ein Strohfeuer, welches die Argentinier schnell zu löschen wussten. Danach kam der große Auftritt der Amerikaner. Ich sah zum ersten Mal die NBA-Stars live spielen. Bisher kannte ich sie nur aus zahlreichen Nächten im NBA-Live-Stream, nun standen sie vor mir. Das Spiel verlief erwartungsgemäß, wobei sich die Aussies wacker verkauften.

Von dem ereignisreichen Tag mitgenommen, gingen wir zur U-Bahn und stellten uns an den Gleis. Die tube traf ein, und zwei Männer stellten sich seitlich an die Tür und riefen bestimmt: „There is a large group“. Da Philipp und ich auf jeden Fall diese tube bekommen mussten, sahen wir es nicht ein weggedrängt zu werden und drängelten uns in die tube rein. Dabei kam es zu einem kurzem Disput zwischen Philipp und dem ersten bodyguard, den Philipp mit dem Satz beendete: „We are also a large group……. of two!“. Es war insgesamt ziemliche Aufruhr, die große Gruppe schwarzer Personen entpuppte sich als die Familie Wade. Auf einmal stand ich in einer überfüllten tube direkt neben ihm. Das mag jetzt wie die Geschichte eines kleinen Groupie klingen, aber es war schon faszinierend ihn so nah zu sehen. Die ganze Sache wirkte sehr surreal. Dwyane Wade, einer der größten, aktuellen NBA-Stars, Jahreseinkommen bei 20 Millionen Dollar zuzüglich Werbeeinnahmen, fährt mit seiner kompletten Familie mit der tube nach Hause. Schön, dachte ich mir, machen wir doch ein Foto. Kaum hatte ich meine Kamera gezückt, bekam ich von dem bodyguard die passenden Worte an den Kopf geschrien. Ok ok, habe verstanden. Also kein Foto. Schade. Nach ein paar Minuten sprach ich Wade an, ob er mir ein Autogramm auf die Eintrittskarte geben könne. Er schaute mich auch an, aber schon im gleichen Moment antwortete mir sein bodyguard. Ihr könnt euch denken, wie die Antwort ausfiel. Ich fragte noch, ob er nicht selber antworten könne. Die Sache war die, dass er privat unterwegs war, und keinerlei Kontakt zu anderen Personen geben sollte. Nun ja, ich merkte schnell, dass wir, also die beiden bodyguards und ich nicht mehr so schnell Freunde werden würden und beließ es sicherheitshalber dabei. Wade merkte man an, dass ihm die Sache auch eher unangehm war, er überspielte das damit, dass er Witze mit seinen Kindern machte und rumalberte.
Von dieser tube Fahrt geflasht, gingen wir nach Hause und bereiteten uns mit nur einem vierstündigen Schlaf auf den Donnerstag vor.
Den Bericht von heute, Donnerstag, schreibe ich morgen früh bzw. Mittag (Freitag), da wir da eine Auszeit bis zum Nachmittag haben. Diese ist aber auch dringend notwendig, wir gehen beide schon ein wenig auf dem Zahnfleisch…
Liebe Grüße Tjark
PS: Freut euch auf den Bericht, meine Ankündigung, dass es ein Gold-Tag wird, mit der schönste während unseres Aufenthaltes, ist ja zu 100 Prozent eingetroffen :-)!

Hinterlasse einen Kommentar