Teil 3 (von 3): EM-FINAL-Wochenende in Paris

Um 13 Uhr kamen wir am Samstag, einen Tag vor dem Finale, in Paris an. Mein neuer Wegbegleiter für das Finalwochenende war meine Mutter. Vor ca. eineinhalb Jahren äußerte Sie den Wunsch, a ein Mutter/Sohn Wochenende zu machen und b mal mit mir zu einem Fußballspiel zu gehen. Zuerst war meine Idee Istanbul zu besuchen und ein Derby anzuschauen. Dachte, das wäre ein guter Einstieg für meine Mutter, wenn man abgesehen von einem Freundschaftsländerspiel Deutschland – Argentinien vor ca. 10 Jahren in Düsseldorf, noch nie in einem Fußballstadion war. Mit den Flügen und Tickets hatte es aber dann nicht so richtig geklappt. Das ausgesuchte Spiel wurde dann auch wegen einer Bombendrohung abgesagt, und das Wochenende war auch das, an dem es in Istanbul einen Anschlag gab. Gut, das ist zur Zeit so eindeutig, als ob ich sagen würde, ´der Tag in diesem Sommer, an dem es in Deutschland geregnet hat´…Aber ich drifte ab…;) Also, als angemessenes Spiel erkor ich das EM-Finale aus!

— Paris Sightseeing —

Nachdem Axel und ich meine Mutter an unserem Hotel in Montparnasse abgeholt hatten, brachten wir Axel zu seinem Hotel, verbunden mit einer kleinen obligatorischen Stadtrundfahrt. Danach fuhren wir wieder zurück zu unserem Hotel und parkten das Auto im engsten Parkhaus, in welches ich je gefahren bin. Unsere Wochenendplanung sah so aus, dass wir uns einig waren, nicht von einer Sehenswürdigkeit zur nächsten zu trampen (das haben wir in unzähligen Besuchen der Stadt schon in der Vergangenheit gemacht), sondern ein ruhiges und erholsames Wochenende zu verbringen. Nach einem leckeren Salat und kühlen Getränken fuhren und gingen wir die Stufen nach Montmarte hinauf. Dieser Hügel im Norden Paris lädt immer wieder ein, einen wunderbaren Blick auf die Stadt zu erhalten und auf den Treppenstufen am Fuße der Sacre Coeur die Zeit zu verbringen. Es dauerte nicht lange bis uns von einem fliegenden Händler ein Bier angeboten, nein aufgezwungen wurde. Für 4 Euro wird ein Bier nicht handelnden Touristen verkauft. 2 for 5 war mein Limit und für ihn nach kurzem Zögern auch. Danach schlenderten wir noch durch das Künstlerviertel und ließen noch einen Scherenschnitt von uns machen (Geburtstagsgeschenk für Mann und Vater abgehakt).

So lange Andi nicht gesehen zu haben, veranlasste uns eine kurze Stippvisite bei ihm im Vergnügungsviertel Pigalle – bekannt durch das Varieté Moulin Rouge – zu machen, in dem wir gemeinsam mit Axel, Andi und Klaus eine kurze Trinkpause einlegten. Danach machten wir uns auf den Weg in unser Viertel, gingen kurz aufs Zimmer und anschließend in eine Bar, um Abend zu essen und den Tag ausklingen zu lassen.

— EM-Finale 2016 —

Der große Tag war gekommen. Das Finale der EM, und damit der Abschluss von vier persönlich intensiven Wochen, stand auf dem Programm. Einmal kurz in eigener Sache: Ich wurde nach der EM sehr oft darauf angesprochen, wie ich das beruflich und auch privat machen könnte, 4 Wochen durch Frankreich zu touren und so viele Spiele zu sehen. Es freut mich ja, dass du meine Berichte und Erzählungen der Eindruck gewonnen wurde, dass ich ununterbrochen dort war, de facto waren es aber „nur“ 18 Tage vor Ort, für die ich 11 Tage Urlaub nehmen musste und dafür 15 Spiele gesehen habe…

Der Sonntag Morgen begann nicht wie man meinen könnte mit einem Frühstück. Da wir beide keine großen Frühstücker sind, beschlossen wir zu unserer Lieblingseisdiele an der Notre Dame zu fahren und zu laufen. Wer meint, diese liege touristengerecht gut erreichbar an der Kirche, täuscht sich. Denn diese kleine Eisdiele liegt versteckt in einer Seitengasse im Rücken der Kathedrale. Leider mussten wir feststellen, dass es in Paris erst an 12 Uhr Eis gibt, und so konsumierten wir noch ein Getränk, bevor wir um 11:59 Uhr die ersten Kunden des Tages waren.

Danach machten wir aus, nicht mehr zu viel zu laufen, da wir ja gegen Abend auf dem Weg ins Stadion noch ein paar Meter vor uns hatten. Diese Abmachung klappte nicht ganz, da wir an der Seine entlang schlenderten und uns an jeder Metro-Station (fast) einig waren: Eine geht noch…

Neben den monumentalen Gebäuden und dem Stadtpanorama bekamen wir natürlich auch die obligatorischen Hütchenspieler zu sehen. Dabei spielen Eingeweihte mit, wedeln mit 50 Euro Scheinen, gewinnen, locken Passanten an, es sieht sehr leicht aus. Das man darauf nicht reinfallen und sich dazu hinreißen lassen sollte, auch mal was zu setzen, dürfte eigentlich im Jahr 2016 den meisten bekannt sein. Leider aber nicht drei jungen tschechischen Touristen. Sie setzten etwas, wieviel wusste ich zu dem Zeitpunkt noch nicht, und verloren natürlich. Völlig aufgelöst gingen sie von dannen. Ich sprach sie an, und sie beichteten mir, dass sie gerade ihre komplette Urlaubskasse verloren hätten, inkl. dem eingeplanten Geld für die Rückfahrt am Abend… Na super…

Wir machten uns dann auf zum Hotel, und um unsere Metrokarte nicht vollends verfallen zu lassen, fuhren wir auch noch zwei Stationen mit der Bahn. Eine Stunde Pause gönnten wir uns, bevor wir zum Stadion aufbrachen. Den Champagner-Gutschein von der Hotelbar lösten wir noch ein, bevor es zum Stade de France ging. Dort angekommen schlenderten wir umher, tranken ein Bierchen, unterhielten uns mit ein paar der bestimmt über 1000 deutschen Fans, die auch zugegen waren und ließen die Final-Stimmung auf uns wirken. Ca. 90 Minuten vor Anpfiff passierten wir die Sicherheitskontrollen. Die Promi-Dichte beschränkte sich auf portugiesische Soap-Darsteller und französische Nischen-Schauspieler, die ich natürlich nicht erkannte, sondern mir erst auf Nachfrage bei einheimischen Fans deren Namen bzw. die Herkunft bekannt gemacht wurden. So ging es ohne Foto auf unsere Plätze, meine Mutter gab dem hessischen Rundfunk noch ein Kurzinterview, in dem sie fachkundig erläuterte, warum Portugal das Finale gewinnen werde. Sollte sie Recht behalten…

— Ab der 17. Minute für Portugal… —

Auf unseren Plätzen angekommen, begann auch schon bald die Eröffnungsfeier. Startenor David Guetta durfte natürlich auch nicht fehlen, sein „Lied“ lief die vergangenen vier Wochen gefühlt in Dauerschleife in meinem Kopf… Nach den Hymnen, die portugiesische einer meiner Lieblingsmelodien von allen Hymnen, ging es auch schon los. Für wen war ich eigentlich? Eine richtig komplizierte Sache. Für die Franzosen auf keinen Fall. Uns im Halbfinale rausgeschmissen, dann die Nicht-Euphorie im Land, das hatten sie nicht verdient. Portugal? Bis 2008 war ich ein großer Fan der Nationalmannschaft, Nuno Gomes war ein Held meiner Kindheit… Ich hatte Portugal seit der EM 2000 bei jedem Turnier (außer 2002 in Südkorea und Japan) live im Stadion gesehen. Ab 2004 gesellte sich ein gewisser Cristiano R. zu der Mannschaft und die Abneigung wurde von Jahr zu Jahr größer. Ich war also für keinen. Bis zur 17. Minute, in der eben jener Ronaldo mir den Gefallen tat, sich auswechseln zu lassen. Sehr schön, ab jetzt fieberte ich, so wie es sich auch für ein EM-Finale gehört, mit. Was meine französischen Sitznachbarn sichtlich irritierte, mich aber nicht störte.

Das Spiel war, wie die gesamte EM, kein hochklassiges Spiel, lebte aber zunehmend von der Spannung. Als alle schon Richtung Elfmeterschießen schielten, brachte Eder mit einem saftigen Weitschuss die Südländer in Extase. Der erste Titel war den Portugiesen damit nicht mehr zu nehmen, die Franzosen konnten auf diesen Schock nicht mehr antworten. So beschränkte sich die Pokalübergabe und Siegesfeier darauf, von den ca. 7000 Fans mit rot-grünem Trikot angesehen zu werden, die Franzosen waren schon längst auf dem Heimweg.

Meine Mutter und ich gingen auf die Pressetribüne und schauten uns die Feierlichkeiten von dort an. Ein letztes Foto, ein Anruf in die Heimat und dann zogen wir auch Richtung Bahnstation. Wir fuhren direkt zum Hotel, aßen bei sommerlichen Temperaturen noch ein letztes Eis und fielen dann müde ins Bett.

Das war sie, die EM 2016. 15 Spiele, 6 Spielorte, 7 Stadien, 8413 Kilometer, teils mit dem Wohnmobil, teils mit dem Auto, 27 Bier und unzählige Baguettes, so kann man die Zeit gut zusammen fassen. Ich habe wieder viele neue nette Menschen kennengelernt, die Waliser und Nordiren begeisterten mit ihrer Feierlaune. Ich bin mit vielen deutschen Fans in Kontakt gekommen, aus dem Odenwald, aus Baden, aus Dresden, aus Chicago (ein verrückter Kerl…) und und und…

Das war er, mein kleiner blog, und ich bin mindestens genauso gespannt wie ihr, zu welcher Sportveranstaltung, WM/EM es mich hin verschlägt und von der ich berichten kann :)!

 

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2 Kommentare zu „Teil 3 (von 3): EM-FINAL-Wochenende in Paris

  1. Toller Beitrag! Ich hätte mir auch gewünscht, Tickets fürs Finale zu bekommen, dann hätte ich wohl einen sehr ähnlichen Trip unternommen 😀 Ich musste mich grad so totlachen, als ich den Kommentar mit der engen Parklücke im Parkhaus gelesen habe. Als ich das erste Mal mit meiner Freundin mit einem Mietauto in Nizza unterwegs war ist mir erst aufgefallen, wie eng eigentlich Parklücken sein können. Kein Wunder, dass da keiner ein heiles Auto hat. Naja, wies der Teufel so wollte, habe ich gleich bei ersten Ausparken meine Künste ein wenig überschätzt und ein anderes Auto dermaßen gerammt hahaha Der Besitzerin wars verwunderlicherweise eigentlich egal – aber dieses Erlebnis werde ich mir für immer merken und nie wieder in französischen Städten Autofahren 😀 Lg Peter

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